Kristin Müller ist Steuerberaterin!
Die Steuerberaterprüfung - Kristin Müller berichtet von ihrem Weg zum Steuerberatertitel
kalkül: „Kristin, du hast am 23.03.2021 den offiziellen Titel als Steuerberaterin erhalten. Wie fühlst du dich jetzt nach der bestandenen Prüfung?“
Kristin Müller: „Das ist ein ganz merkwürdiges Gefühl. Ich dachte immer, es würde sich nach der bestandenen Prüfung ein großes Glücksgefühl einstellen, aber tatsächlich habe ich diesen Erfolg lediglich zur Kenntnis genommen.
Ich freue mich einfach, dass ich meinen Arbeitsalltag wieder mit meinen Kollegen verbringen kann. Es war doch eine lange Zeit allein in meinem Arbeitszimmer, zwischen den vielen Paragraphen, Büchern und Übungsklausuren.
kalkül: “Warum ist die Steuerberaterprüfung so gefürchtet? Was kannst du zur Durchfallquote sagen?“
Kristin Müller: "Man absolviert diese Prüfung innerhalb von jeweils 6 Stunden an drei aufeinanderfolgenden Tagen. Das Schwierigste ist, dass man sich nicht nur zu bestimmten Sachverhalten vorbereiten muss, sondern dass alle Regelungen ineinander übergreifen. Das Steuerrecht ist unwahrscheinlich komplex und es gilt diese umfassenden Zusammenhänge zu erkennen und zu verknüpfen. Außerdem sind die Klausuren so angelegt, dass man es zeitlich gar nicht schaffen kann. Es wird also nicht nur das erworbene Wissen geprüft. Diese Prüfung testet angehende Steuerberater auch charakterlich. Man muss schnelle Entscheidungen treffen, Prioritäten setzen und erkennen, in welchen Themen man bereits spezialisiert ist.
Für zusätzlichen Druck hat bei mir die Prognose für die diesjährige Prüfung gesorgt. 2019 bestanden 60% der Teilnehmer die Steuerberaterprüfung. Das heißt, dass es in diesem Jahr wieder zu einer höheren Durchfallquote kommen musste. So war es auch! In Sachen bestanden nur 45% die Prüfung zum Steuerberater, was auch ungefähr der Bundesdurchschnitt gewesen sein muss.
Auch für mich war es in diesem Jahr nicht die erste Prüfung. Ich habe im 2. Versuch bestanden. Das bedeutet, dass der Druck in diesem Jahr noch höher war, denn auf einen 3. Versuch will man es auf keinen Fall ankommen lassen.“
kalkül: „Deine Steuerberaterprüfung hat dich nicht nur enorm viel Zeit und Nerven, sondern vor allem auch Geld gekostet. Wie verhält es sich mit den Kosten einer Steuerberaterprüfung?“
Kristin Müller: „Die Prüfung selbst kostet 1.200,00 €. Doch bei diesen Kosten bleibt es längst nicht. Vor allem die Vorbereitungszeit ist mit einem hohen finanziellen Aufwand verbunden. Vor meiner 1. Prüfung nahm ich zur intensiven Vorbereitung an einem Seminar der H.a.a.S. GmbH teil und habe dazu knapp 23 Wochen in Springe bei Hannover gewohnt. Neben den Kosten für die Wohnung und zahlreiche weitere Lehrgänge, sind Ausgaben für umfangreiches Büromaterial, Klausurenblöcke und weiteres Zusatzmaterial fällig. Viele angehenden Steuerberater buchen sogar Coachings gegen die Prüfungsangst, was für mich allerdings nicht in Frage kam. Ich denke in Summe kann man mit 20.000 € Gesamtkosten rechnen.
Auch Zeit ist Geld. Damit ich für diese Prüfungsvorbereitung von kalkül freigestellt wurde, habe ich zuvor auch auf meinen Urlaubsanspruch verzichtet und Überstunden erarbeitet. Wie der jeweilige Arbeitgeber diese „Fehlzeiten“ regelt, ist jedoch ganz individuell.
kalkül: „Was hat dir persönlich während der Vorbereitung geholfen?“
Kristin Müller: „Es kommt natürlich immer darauf an, welcher Lerntyp man ist. Mir hat es geholfen, mich NICHT mit anderen Teilnehmern im ständigen Austausch zu befinden. Die Themen zu besprechen, brennt sich bei mir nicht ein. Mir persönlich haben die zahlreichen Übungsklausuren enorm weitergeholfen. Viele Anbieter ermöglichen 6-stündige Probeklausuren, welche zur Korrektur entweder eingeschickt oder online hochgeladen werden. Spätestens nach zwei Wochen erhält man diese Korrekturen zurück und kann möglich Denkfehler berichtigen. Ich habe sicher in den zwei Jahren 70-80 Klausuren geschrieben und aus den Fehlern gelernt, welche mir beim Besprechen von Sachverhalten wohlmöglich noch gar nicht bewusst gewesen wären.
Außerdem leistete mir Frau Stephan, meine Mutter, unwahrscheinlich viel Unterstützung. Den gesamten Januar sind wir jeden Abend in der Zeit von 20 bis 24 Uhr die Prüfungsprotokolle der letzten Jahre durchgegangen. Sie stellte mir Fragen und ich musste antworten.
Vor der zweiten Prüfung hat es mir außerdem geholfen, dass ich während der intensiven Vorbereitungszeit zu Hause war. Die mentale Unterstützung meines Umfeldes tat mir sehr gut.“
kalkül: „Du bist bereits seit 13 Jahren bei kalkül – war es für dich schon immer klar, dass du Steuerberaterin werden möchtest?“
Kristin Müller: „Ich habe zunächst ein Studium für Sozialpädagogik begonnen, aber doch sehr schnell gemerkt, dass ich künftig in diesem Bereich nicht arbeiten möchte. Als Frau Stephan, ihre Steuerberaterprüfung absolviert hat, wurde ich neugierig.
Also zögerte ich nicht lange und begann, bereits im Hinblick auf den Steuerberatertitel, mein BA Studium im Steuerrecht. Ich muss sagen, dass diese Ausbildung wirklich die beste Vorbereitung war. Ich erhielt viel Wissen, welches in der Ausbildung zur Steuerfachangestellten oder dem Steuerfachwirt nicht vermittelt wird. Außerdem war das Studium sehr anspruchsvoll – man musste bis in die Nacht lernen, damit man den Stoff in kurzer Zeit schafft. Nach meinem Abschluss sammelte ich 2 Jahre Berufserfahrung bei kalkül. Wenn ich Berater werde möchte, muss ich mich ranhalten, dachte ich. Deshalb bereitete ich mich bereits 1 Jahr vorab über einen GFS Lehrgang vor. Jedes Wochenende lernte ich. Als ich mich gut vorbereitet fühlte, meldete ich mich zur Prüfung an und stürzte mich in die intensive Vorbereitungszeit.
kalkül: „Hast du einen besonderen Tipp für angehende Steuerberater?“
Kristin Müller: „Das ist wirklich eine gute Frage! Zunächst möchte ich jeden angehenden Steuerberater in seiner Entscheidung bestärken. Meine persönliche Empfehlung ist es, die Prüfung keinesfalls auf die leichte Schulter zu nehmen. Nicht nur wegen der komplexen Sachverhalte ist diese Abschlussprüfung eine besondere Hürde. Man muss sich bewusst sein, dass mit dem enormen Lernpensum, den zahlreichen Klausuren und der intensiven Vorbereitung vor allem persönliche Interessen und soziale Kontakte hintenanstehen.
Unter Umständen kann das bedeuten, dass man zwei bis drei Jahre deutlich weniger Zeit mit seinem Partner, der Familie und den Freunden verbringen kann, weil man tatsächlich nur mit der fachlichen und persönlichen Vorbereitung beschäftigt ist. Auch dem persönlichen Umfeld muss das klar sein.“
kalkül: „Wenn du vor der Prüfung die Nerven verloren oder während der Prüfung ein schlechtes Gefühl gehabt hättest, was wäre dann passiert?“
Kristin Müller: „Generell ist zu sagen, dass man die Prüfung zweimal wiederholen kann und somit drei Versuche hat. Hier in Sachsen wird man ca. eine halbe Stunde vor Abgabe der Prüfung gefragt, ob man die Prüfungsergebnisse abgeben möchte. Wenn man sich dazu entscheidet, am Ende der drei Prüfungstage nicht abzugeben, gilt die Prüfung als nicht abgelegt und man hat keinen Fehlversuch. Man könnte es als Probelauf sehen, was für mich allerdings nie in Frage gekommen wäre.
Wenn man 30-45 Seiten zu Papier gebracht hat, manchmal sind es sogar 70 Seiten – aber das ist ganz individuell, sollte man abgeben. Es ist schlichtweg zu schwierig, die eigene Leistung in diesem Maße einzuschätzen. Das Problem am Rücktritt ist außerdem, dass man die Kraft aufbringen muss, das ganze Jahr der Vorbereitung erneut zu durchlaufen. Zwar ist es auch möglich ein Jahr Pause einzulegen, aber für mein Gefühl startet man dann fast wieder am Anfang und auch die Gesetzeslage kann sich fortlaufend ändern.“
kalkül: Wenn du in die Zukunft blickst, welche Ziele hast du dir als Steuerberaterin bei kalkül gesetzt?
Kristin Müller: „Im Januar 2021 übernahmen wir die Steuerkanzlei Torsten Schuh mit Sitz in Dresden. Mein Ziel ist es also im Moment diese Steuerrechtskanzlei sinnvoll in unseren Kanzleiablauf zu implementieren.“
