Neuigkeiten zu rechtlichen Themen

Keine Corona-Tests erforderlich: Preisminderung, weil der Gastwirt die Hochzeit erheblich störte

Zweieinhalb Jahre Pandemie hatten dem Restaurantbetreiber zum Zeitpunkt des folgenden Falls sicherlich schwer zugesetzt. Die Gastronomie litt schließlich besonders hart unter den Kontaktverboten, und das Verstärken, Lockern und erneute Verstärken behördlicher Maßnahmen trugen sicherlich nicht zur Klarheit über aktuell geltende Vorgaben bei. Dennoch musste das Amtsgericht München (AG) hier Recht sprechen - und zwar auf Handeln eines Paars hin, das sich durch die übertriebene Vorsicht des Gastwirts um den "schönsten Tag ihres Lebens" gebracht sah.

Zweieinhalb Jahre Pandemie hatten dem Restaurantbetreiber zum Zeitpunkt des folgenden Falls sicherlich schwer zugesetzt. Die Gastronomie litt schließlich besonders hart unter den Kontaktverboten, und das Verstärken, Lockern und erneute Verstärken behördlicher Maßnahmen trugen sicherlich nicht zur Klarheit über aktuell geltende Vorgaben bei. Dennoch musste das Amtsgericht München (AG) hier Recht sprechen - und zwar auf Handeln eines Paars hin, das sich durch die übertriebene Vorsicht des Gastwirts um den "schönsten Tag ihres Lebens" gebracht sah.

Das Ehepaar hatte für Ende Juni 2022 in einer Gaststätte auf Sylt die Ausrichtung einer Hochzeitsfeier gebucht. Am Tag der Hochzeit wurde der Vater der Braut positiv auf Covid getestet. Nun wurden gemeinsam Lösungen gesucht. Der Vater der Braut konnte schließlich in der Art an der Feier teilnehmen, dass er sich im Außenbereich des Restaurants aufhielt und durch ein Fenster der Zeremonie beiwohnen konnte. Das reichte dem Restaurantbesitzer jedoch nicht aus, so dass er vor Einlass in den Innenbereich des Restaurants auch für alle übrigen 76 Gäste einen Corona-Test verlangte. Das Hochzeitspaar akzeptierte die Forderung, um die Feier nicht platzen zu lassen. Sämtliche Gäste wurden daraufhin getestet. Da auch der Vater des Bräutigams dabei positiv getestet wurde, musste er sich zum Vater der Braut in den Außenbereich begeben. Durch die Testung verzögerte sich der Beginn des Abendessens um zwei Stunden. Zudem führt dieses zu erheblichen Auseinandersetzungen innerhalb der Hochzeitsgesellschaft. Schließlich ging es um die Bezahlung der Feier - 20 % des Rechnungsbetrags von etwas über 20.000 EUR behielt das Hochzeitspaar ein. Die Gaststätte verlangte nun den Rest.

Nach Ansicht des AG konnte die Gaststätte jedoch nur 85 % des Rechnungsbetrags verlangen. Denn in den Augen des Gerichts lag eine erhebliche und nicht mehr rechtlich gerechtfertigte Störung durch die Durchführung der Corona-Tests bei allen Gästen vor. Eine gesetzliche Verpflichtung dazu gab es im Zeitpunkt der Hochzeitsfeier nämlich nicht mehr. Nach der damals geltenden Rechtslage waren selbst Kontaktpersonen eines Infizierten nicht einmal mehr zur Isolation verpflichtet, und auch eine Pflicht zur Testung bestand für sie nicht.

Hinweis: Da hat der Inhaber der Gaststätte einiges übertrieben. Corona-Tests waren im Zeitraum nicht (mehr) erforderlich und stellten somit einen erheblichen Mangel bei der Hochzeit dar.


Quelle: AG München, Urt. v. 23.01.2023 - 132 C 12148/22
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 06/2023)

Sperrung des Facebookkontos: Eilverfahren verhindert Kontolöschung, beschleunigt aber nicht die Freischaltung

Ob man wirklich gehackt wurde oder eher selbstverschuldet einer falschen E-Mail aufgesessen ist? Egal, denn ein falscher Klick und das Social-Media-Konto ist schnell gesperrt - für viele Menschen ein Drama. Was für die meisten unter ihnen den Draht zur Welt bedeutet, ist für andere zudem auch eine Frage der beruflichen Existenz. Was gegen eine solche Sperre zu tun ist und was leider nicht, zeigt der folgende Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG).

Ob man wirklich gehackt wurde oder eher selbstverschuldet einer falschen E-Mail aufgesessen ist? Egal, denn ein falscher Klick und das Social-Media-Konto ist schnell gesperrt - für viele Menschen ein Drama. Was für die meisten unter ihnen den Draht zur Welt bedeutet, ist für andere zudem auch eine Frage der beruflichen Existenz. Was gegen eine solche Sperre zu tun ist und was leider nicht, zeigt der folgende Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG).

Eine Frau hatte ein Facebookkonto, das von Facebook gesperrt und deaktiviert wurde. Grund dafür sei gewesen, dass die sogenannten Standards der Facebookgemeinschaft nicht eingehalten worden seien. Die Frau behauptete jedoch, ihr Konto sei "gehackt" worden, und beantragte daraufhin eine einstweilige Verfügung. Facebook sollte verpflichtet werden, das Konto wiederherzustellen und ihr die Nutzung wieder zu ermöglichen. Außerdem sollte Facebook verboten werden, das Konto unwiederbringlich zu löschen. Das erstinstanzliche Landgericht untersagte Facebook, das Konto unwiederbringlich zu löschen. Eine Nutzungsmöglichkeit gewährte es der Frau jedoch nicht. Dagegen zog die Frau vor das OLG.

Das OLG half ihr aber auch nicht weiter. Wurde ein privat genutztes Facebookkonto aus Sicherheitsgründen gesperrt, hat der Nutzer im Eilverfahren keinen Anspruch auf Freischaltung. Das gilt jedenfalls dann, wenn Facebook bereits die unwiederbringliche Kontolöschung untersagt wurde. Dass der Nutzer vorübergehend bis zum Abschluss eines etwaigen Hauptverfahrens seine privaten Kontakte über Facebook nicht pflegen kann, ist hinzunehmen.

Hinweis: Viele Menschen sind auf Facebookkonten angewiesen, da sie diese beruflich nutzen. Schnell ist zu erkennen, dass diese Fälle nur durch einen Spezialisten gelöst werden können -  im Zweifel durch einen Rechtsanwalt.


Quelle: OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 27.03.2023 - 17 W 8/23
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 06/2023)

Negativzinsen: Verwahrentgelte für Einlagen auf Girokonten sind rechtmäßig

Das Thema Negativzinsen sorgt sowohl bei Banken als auch bei Anlegern für Aufregung. Ob von Banken neben Kontoführungsgebühren weitere Entgelte für die reine Verwahrung des Angesparten erhoben werden dürfen, musste das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) beantworten.

Das Thema Negativzinsen sorgt sowohl bei Banken als auch bei Anlegern für Aufregung. Ob von Banken neben Kontoführungsgebühren weitere Entgelte für die reine Verwahrung des Angesparten erhoben werden dürfen, musste das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) beantworten.

Eine Bank führte seit April 2020 für Girokonten neben einer monatlichen Kontoführungsgebühr ein sogenanntes Verwahrentgelt ein, was sie durch Preisaushang in ihren Geschäftsräumen den Kunden mitgeteilt hat. Im Fall der Neuanlage/Neuvereinbarung sollten die Kunden für Einlagen von über 10.000 EUR somit ein Entgelt in Höhe von 0,5 % pro Jahr zahlen. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hielt dies für rechtswidrig und klagte dagegen - ohne Erfolg.

Die Bank durfte laut OLG bei Neuanlagen auf Girokonten neben einer monatlichen Kontoführungsgebühr durchaus ein Verwahrentgelt von ihren Kunden verlangen. Die sogenannten Negativzinsen bei Girokonten können also rechtmäßig sein. Bei dem Entgelt für die Verwahrung handelt es sich um ein Entgelt für eine Hauptleistung und nicht um ein solches für eine bloße Nebenleistung zur Erbringung von Zahlungsdienstleistungen. Auch eine daneben berechnete Kontoführungsgebühr steht dem also nicht entgegen.

Hinweis: Sogenannte Strafzinsen auf Girokonten können - wenn die Bank alles richtig macht - rechtmäßig sein. Es kommt (wie immer!) auf den Einzelfall an. Wegen der Bedeutung der Sache wurde die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.


Quelle: OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.03.2023 - I-20 U 16/22
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 06/2023)

Vertraglich geschuldete Leistung: BGH bejaht Ersatzanspruch von Bonusmeilen bei Reiserücktrittskostenversicherung

Eine Versicherung über eine Reiserücktrittskostenerstattung kann eine sehr sinnvolle Sache sein. Ob man als Reisender darüber auch eingesetzte, aber eben nicht in Anspruch genommene Bonusmeilen erstattet bekommen kann, war eine rechtlich interessante Frage, die final erst vom Bundesgerichtshof (BGH) beantwortet werden konnte.

Eine Versicherung über eine Reiserücktrittskostenerstattung kann eine sehr sinnvolle Sache sein. Ob man als Reisender darüber auch eingesetzte, aber eben nicht in Anspruch genommene Bonusmeilen erstattet bekommen kann, war eine rechtlich interessante Frage, die final erst vom Bundesgerichtshof (BGH) beantwortet werden konnte.

Ein Mann machte als mitversicherte Person Ansprüche aus einer Reiserücktrittskostenversicherung geltend. Der Reiseschutzbrief umfasste unter anderem eine "Reiserücktrittskostenversicherung für die Absicherung eines Reisepreises von 3.000 EUR". Dann buchte der Mann bei einer Fluggesellschaft den Hin- und Rückflug von Deutschland in die USA. Er bezahlte mit Bonusmeilen aus einem von der Fluggesellschaft angebotenen Bonusprogramm. Aufgrund einer Erkrankung musste er dann jedoch die Flugreise stornieren. Die eingesetzten Bonusmeilen wurden ihm jedoch von der Fluggesellschaft entsprechend den vereinbarten Bedingungen nicht erstattet. Daher verlangte er nun von dem Versicherungsunternehmen eine Entschädigung für die eingesetzten Bonusmeilen bis zur versicherungsvertraglich vereinbarten Haftungshöchstsumme von 3.000 EUR. Und die erhielt er auch.

Denn die vom Versicherer im Versicherungsfall zu leistende Entschädigung für die einem Reiseunternehmen vertraglich geschuldeten Rücktrittskosten umfasst auch den Ersatz für Bonusmeilen. Eine Beschränkung auf Geldzahlungen hat der BGH nicht angenommen.

Hinweis: Auch im Reiserecht ist eben nicht jeder Fall wie der andere. Helfen kann in jedem Fall der Rechtsanwalt des Vertrauens.


Quelle: BGH, Urt. v. 01.03.2023 - IV ZR 112/22
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 06/2023)

Ausnahmevorschrift für Rücktritt: Bei Reisebuchung bereits bekannte Pandemie ist kein "außergewöhnlicher Umstand" mehr

Das "Reisen in Pandemiezeiten" könnte als Rechtsratgeber womöglich bald Regale füllen. Doch noch müssen viele Fälle ausverhandelt werden - so wie der folgende. Hier stellte sich die Frage, ob man von einer Reise zurücktreten kann, die man erst nach dem Pandemieausbruch gebucht hat. Mit der Beantwortung dieser Frage wurde das Landgericht Koblenz (LG) betraut.

Das "Reisen in Pandemiezeiten" könnte als Rechtsratgeber womöglich bald Regale füllen. Doch noch müssen viele Fälle ausverhandelt werden - so wie der folgende. Hier stellte sich die Frage, ob man von einer Reise zurücktreten kann, die man erst nach dem Pandemieausbruch gebucht hat. Mit der Beantwortung dieser Frage wurde das Landgericht Koblenz (LG) betraut.

Ende April 2021 buchte ein Mann für sich und seine Frau eine zweiwöchige Kreuzfahrt im Januar 2022 für über 7.000 EUR. Einen Monat vor Beginn der Kreuzfahrt informierte der Reiseveranstalter, dass der gebuchte Landausgang zum Besuch eines Konzerts wegen coronabedingter Einschränkungen storniert werden müsse. Als das Auswärtige Amt dann das Reiseland sogar als Hochrisikogebiet einstufte, trat der Mann von der Reise zurück und verlangte die Rückerstattung des gezahlten Reisepreises. Der Reiseveranstalter erstattete jedoch nur 10 %. Dagegen klagte der Mann - vergeblich.

Er konnte laut AG nämlich nicht kostenfrei von der gebuchten Reise zurücktreten. Zwar gibt es grundsätzlich eine Ausnahmevorschrift für eine Möglichkeit des Rücktritts vor einem außergewöhnlichen Umstand. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Reise vor dem Ausrufen der Pandemie durch die Weltgesundheitsorganisation am 11.03.2020 gebucht worden war. Das war jedoch nicht der Fall. Wenn eine Buchung trotz des Risikos erfolgt, ist das Eintreten des Risikos nicht mehr "außergewöhnlich", so dass die Möglichkeit eines Rücktritts somit auch nicht mehr besteht.

Hinweis: Wer also nach Beginn der Pandemie gebucht hat, dem kommen wesentlich weniger Rechte zu als demjenigen, der eine Reise vor Ausbruch der Pandemie gebucht hat.


Quelle: LG Koblenz, Urt. v. 01.02.2023 - 3 O 140/22
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 06/2023)

Verbotene Eigenmacht: Gewaltsamer Zutritt des Vermieters zieht Schadensersatzforderungen nach sich

Der folgende Fall zeigt wieder einmal hervorragend, wie schnell man als Vermieter falsch liegen kann, wenn es ums eigene Recht geht. Dass hier das konsequente Hinzuziehen eines Mietrechtsanwalts anzuraten gewesen wäre, beweist auch das eindeutige Urteil, das vom Oberlandesgericht Hamm (OLG) gesprochen wurde.

Der folgende Fall zeigt wieder einmal hervorragend, wie schnell man als Vermieter falsch liegen kann, wenn es ums eigene Recht geht. Dass hier das konsequente Hinzuziehen eines Mietrechtsanwalts anzuraten gewesen wäre, beweist auch das eindeutige Urteil, das vom Oberlandesgericht Hamm (OLG) gesprochen wurde.

Es ging um ein bebautes Gewerbegrundstück. Der spätere Mieter wollte das Grundstück eigentlich kaufen, doch schließlich einigten sich Interessent und Vermieterin auf einen vorgeschalteten, noch abzuschließenden Mietvertrag für die Dauer von zwei Jahren. Zu einem Verkauf oder zu einem Abschluss des Mietvertrags kam es aber nicht mehr - wohl aber zu einer Übergabe an den Mieter. Mietzahlungen erbrachte dieser jedoch nur in geringem Umfang; er wies darauf hin, dass sich in dem sich auf dem Grundstück befindlichen Wohngebäude ein umfangreicher Schwarzschimmelbefall gezeigt habe. Schließlich kündigte die Vermieterin, und die Parteien einigten sich im Gerichtsprozess darauf, dass der Mieter das Grundstück räumen sollte. Hinsichtlich des ebenfalls streitigen Zahlungsanspruchs beantragten beide Parteien, das Ruhen des Verfahrens anzuordnen. Noch vor dem in dem Vergleich vereinbarten Räumungstermin verschaffte sich die Vermieterin jedoch gewaltsam Zutritt zum Wohnhaus, verwies den Mieter des Grundstücks und tauschte die Schlösser aus. Später wurde das Grundstück an einen Dritten verkauft. Schließlich nahm der Mieter die Vermieterin auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von knapp 230.000 EUR in Anspruch. Es ging um Gegenstände, die die Vermieterin rechtswidrig erlangt und abschließend entweder entsorgt oder verkauft habe.

Zwar wurde die Angelegenheit bezüglich der Schadenshöhe an die Vorinstanz zurückverwiesen - dass allerdings ein Anspruch grundsätzlich besteht, hat das OLG hier bereits eindeutig klargemacht. Die Vermieterin ist zum Schadensersatz verpflichtet, da sie vorsätzlich mit verbotener Eigenmacht gehandelt hatte. Das schließt im Übrigen auch die Aufrechnung mit eigenen Schadensersatzansprüchen der Vermieterin aus. Da kein wirksamer Mietvertrag zustande gekommen war, gab es insbesondere auch kein Vermieterpfandrecht der Vermieterin. Außerdem hatte sich die Vermieterin selbst schadensersatzpflichtig gemacht, da sie zu Unrecht zurückgehaltene Sachen des Mieters im Anschluss an die Inbesitznahme veräußert oder entsorgt hatte.

Hinweis: Die Zwangsräumung ist Aufgabe des Gerichtsvollziehers. Vermieter sollten nicht alleine das Recht in die Hand nehmen. Denn das ist nicht nur verboten, sondern häufig auch strafbar.


Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 21.12.2022 - 11 U 119/21
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 06/2023)

Ehegüterrecht schlägt Erbrecht: Errungenschaftsgemeinschaft nach kubanischem Recht mindert Ehegattenerbquote

Im nächsten Fall wird es ein wenig kompliziert. Nicht, was die bikulturelle Ehe zwischen einem Deutschen und einer Kubanerin angeht, sondern vielmehr wegen der Unterscheidung des Erbrechts von dem Ehegüterrecht. Denn nachdem der deutsche Erblasser verstarb, musste das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) eben beides miteinander abwägen, um festzustellen, welche Erbquote der Witwe nun zuzumessen sei.

Im nächsten Fall wird es ein wenig kompliziert. Nicht, was die bikulturelle Ehe zwischen einem Deutschen und einer Kubanerin angeht, sondern vielmehr wegen der Unterscheidung des Erbrechts von dem Ehegüterrecht. Denn nachdem der deutsche Erblasser verstarb, musste das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) eben beides miteinander abwägen, um festzustellen, welche Erbquote der Witwe nun zuzumessen sei.

Der Erblasser war deutscher Staatsangehöriger, der seit dem Jahr 2010 mit einer Kubanerin verheiratet war. Der Erblasser, der fließend Spanisch sprach, war schon vor der Heirat mit dem Land Kuba eng verbunden und pflegte private Beziehungen dorthin. Sowohl vor als auch nach der Eheschließung hielt er sich in der Regel etwa bis zu sechs Monate jährlich in Kuba auf. Seine Ehefrau sprach hingegen nur geringfügig Deutsch und hat sich während der Ehezeit lediglich zweimal für Urlaube in Deutschland aufgehalten. In den letzten etwa zweieinhalb Jahren seines Lebens lebte der Erblasser aufgrund einer Erkrankung ausschließlich in Deutschland, die Ehefrau lebte in Kuba. Nach dem Tod des Erblassers beantragten dessen Söhne aus erster Ehe einen gemeinschaftlichen Erbschein, der die kubanische Ehefrau als Erbin zu 1/4 und die beiden Söhne zu Erben zu jeweils 3/8 ausweist. Die Ehefrau war hingegen der Ansicht, dass sie Erbin mit einem Erbteil von 1/2 geworden sei, da deutsches Ehegüterrecht auf die Ehe Anwendung finden müsse.

Dieser Ansicht schlossen sich das Nachlassgericht und das OLG jedoch nicht an. Bemerkenswert war die Entscheidung deshalb, weil die Gerichte zu der Ansicht gelangt sind, dass auf den vorliegenden Fall deutsches Erbrecht anzuwenden sei, wohingegen bezüglich der Ehe auf das kubanische Recht abgestellt werden müsse. Anknüpfungspunkt für die Anwendbarkeit deutschen Erbrechts war der letzte gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers. Da dieser sich seit etwa 2,5 Jahren aufgrund einer Erkrankung ausschließlich in Deutschland aufgehalten hatte, war deutsches Erbrecht anzuwenden. Wäre auch auf das deutsche eheliche Güterrecht abzustellen gewesen, hätte der Ehefrau neben der Ehegattenerbquote von 1/4 auch die Erbteilserhöhung aus einem pauschalierten Zugewinnausgleich in Höhe eines weiteren Viertels zugestanden.

Das OLG war aber der Ansicht, dass hinsichtlich der Ehe eben nicht auf das deutsche Güterrecht abzustellen war. Zum Zeitpunkt der Eheschließung waren die Eheleute am engsten mit Kuba verbunden. Hieran hatte sich auch während der Ehezeit nichts geändert. Die Ehe unterlag daher als Errungenschaftsgemeinschaft dem kubanischen Recht. Eine Erbteilserhöhung, wie sie bei einer deutschen Zugewinngemeinschaft in Betracht kommt, kennt die kubanische Errungenschaftsgemeinschaft nicht. Aus diesem Grund stand der Ehefrau nur das sogenannte Ehegattenerbrecht mit einer Quote von 1/4 zu.

Hinweis: Eheleute können im Wege einer notariellen Beurkundung eine Wahl treffen, welches Recht für ihre Ehe gelten soll.


Quelle: Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 26.01.2023 - 3 W 71/22
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 06/2023)

Uneinsichtiger Wiederholungstäter: Rechtmäßige Sicherstellung eines Motorrads bei Gefahr der Teilnahme an Straßenrennen

Obwohl sich ein Motorradfahrer nicht durch bereits gemachte Erfahrungen und entsprechende Warnschüsse nach illegalen Straßenrennen läutern ließ, wurde er bei der Beschlagnahmung seines PS-starken "Bocks" dann doch ziemlich empfindlich. Und da das Gesetz Eigentumsrechte sehr ernst nimmt, war es am Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße (VG) zu entscheiden, ob diese Maßnahme der Polizei rechtens war.

Obwohl sich ein Motorradfahrer nicht durch bereits gemachte Erfahrungen und entsprechende Warnschüsse nach illegalen Straßenrennen läutern ließ, wurde er bei der Beschlagnahmung seines PS-starken "Bocks" dann doch ziemlich empfindlich. Und da das Gesetz Eigentumsrechte sehr ernst nimmt, war es am Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße (VG) zu entscheiden, ob diese Maßnahme der Polizei rechtens war.

Was war passiert? Zwei Motorradfahrer waren mit weit überhöhter Geschwindigkeit auf einer Landstraße unterwegs. Eine entgegenkommende Polizeistreife nahm die Verfolgung auf und stellte einen der Fahrer an einer Ampel, der zweite entkam. Bei der Überprüfung der Personalien stellten die Polizisten fest, dass der Fahrer bereits mit illegalen Rennen auffällig geworden war. Da sie befürchteten, dass das Fahrzeug für weitere Rennen benutzt werden würde, stellten sie das Motorrad - einst für Motorradrennen konstruiert und in der Lage, mit seinen 998 ccm Hubraum eine Höchstgeschwindigkeit von 285 km/h zu erreichen - vorsorglich sicher. Gegen die Sicherstellung ging der Betroffene vor Gericht.

Das VG entschied jedoch, dass die Sicherstellung durchaus rechtmäßig sei. Die Polizei hatte festgestellt, dass der Betroffene mehrfach an illegalen Rennen beteiligt war. Es sei daher davon auszugehen, dass dieses Verhalten auch wiederholt werde - insbesondere sei das auch daraus herzuleiten, dass sich der Fahrer in der mündlichen Verhandlung gänzlich uneinsichtig zeigte und behauptete, dass die Polizei falsche Angaben über die Geschwindigkeit gemacht hätte und er sich nicht gefährdend verhalten habe. Da es keine Anhaltspunkte gebe, dass die erfahrenen Verkehrspolizisten eine Fehleinschätzung vorgenommen hatten, musste von einer Wiederholungsgefahr ausgegangen werden, so dass die Fortsetzung der Sicherstellung gerechtfertigt war.

Hinweis: Gerade von illegalen Straßenrennen geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer aus, weshalb der Gesetzgeber im Jahre 2017 den Straftatbestand des § 315d Strafgesetzbuch (Verbotene Kraftfahrzeugrennen) eingeführt hat, nachdem das Landgericht Berlin einen Teilnehmer an einem illegalen Straßenrennen wegen Mordes verurteilt hatte, was der Bundesgerichtshof und letztlich auch das Bundesverfassungsgericht bestätigt haben. Der Straftatbestand solle die außerordentliche abstrakte Gefährlichkeit dieser Rennen erfassen.


Quelle: VG Neustadt an der Weinstraße, Urt. v. 14.02.2023 - 4 K 692/22.NW
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 06/2023)

Neues zum Jahrhunderthochwasser: Klauseln mit unangemessener Benachteiligung sind unwirksam

Immer wieder versuchen besonders Gewerbevermieter, die Vertragsausgestaltung zu ihren Gunsten zu gewichten. Und tatsächlich sind Gewerbemieter nicht so geschützt wie die Mieter von Wohnräumen. Ob sich aber Vermieter von Gewerbeflächen einen so weiten Spielraum einräumen dürfen, ihren Mietern selbst bei bei höherer Gewalt wie dem Jahrhunderthochwasser das Kündigungsrecht zu versagen und ihnen lediglich die Mietzahlung zu erlassen, musste das Landgericht Hagen (LG) klären.

Immer wieder versuchen besonders Gewerbevermieter, die Vertragsausgestaltung zu ihren Gunsten zu gewichten. Und tatsächlich sind Gewerbemieter nicht so geschützt wie die Mieter von Wohnräumen. Ob sich aber Vermieter von Gewerbeflächen einen so weiten Spielraum einräumen dürfen, ihren Mietern selbst bei bei höherer Gewalt wie dem Jahrhunderthochwasser das Kündigungsrecht zu versagen und ihnen lediglich die Mietzahlung zu erlassen, musste das Landgericht Hagen (LG) klären.

Es ging um einen Ladenmietvertrag in einem Einkaufszentrum. Dieser enthielt eine Klausel, wonach das Mietverhältnis in Fällen höherer Gewalt nicht erlischt, sondern lediglich die Pflicht der Mieterin zur Zahlung der Miete endet. Zudem war eine Kündigungsmöglichkeit nur dem Vermieter vorbehalten. Dann kam das Hochwasser vom 14.07.2021. Nachdem die Räumlichkeiten elf Monate nicht zur Verfügung gestanden hatten und eine Wiedereröffnung nicht absehbar war, kündigte die Mieterin den Mietvertrag im Juni 2022. Als die Vermieterin das nicht akzeptierte, klagte die Mieterin auf Feststellung, dass kein Mietverhältnis mehr bestehe.

Mit ihrer Klage lag die Mieterin nach Ansicht des LG richtig. Eine Klausel in einem Gewerbemietvertrag, wonach das Mietverhältnis bei höherer Gewalt nicht erlischt, sondern lediglich die Pflicht der Mieterin zur Zahlung der Miete endet, ist unwirksam. Die gewerbliche Mieterin war allein durch den Entfall der Mietzahlung nicht hinreichend geschützt, da allein mit der Ersparnis der Miete die Unternehmerin keinen Gewinn erzielen konnte. Dies könne allein durch die Geschäftstätigkeit ermöglicht werden. Wäre sie weiterhin an den Vertrag gebunden, könnte sie nur über das Risiko doppelter Vertragsbindung durch einen weiteren Mietvertrag erreichen, auf dem Markt weiter sichtbar zu bleiben. Das erschien jedoch dem Gericht unangemessen.

Hinweis: Mieter von Gewerberäumen haben bei höherer Gewalt also tatsächlich ein Recht zur fristlosen Kündigung. Das kann auch nicht durch das Kleingedruckte im Mietvertrag ausgeschlossen werden.


Quelle: LG Hagen, Urt. v. 08.02.2023 - 23 O 36/22
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 06/2023)

Kein gutgläubiger Erwerb: Wer beim Kauf eines Luxuswagens deutliche Unstimmigkeiten ignoriert, bezahlt einen hohen Preis

Das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) hatte im folgenden Fall die Frage zu klären, ob trotz Vorlage originaler Kfz-Papiere ein gutgläubiger Eigentumserwerb eines Fahrzeugs scheitern kann. Der Kläger aus Spanien hatte seinen Lamborghini an eine Agentur vermietet, die den Wagen wiederum weitervermietete. Als der Wagen nach der Mietzeit weg war, wurde er schließlich zur Fahndung ausgeschrieben. Er fand sich auch wieder - nur aber mit einem angeblich neuen Eigentümer. Ob dieser sich hinter gutgläubigem Erwerb verstecken und somit einen hohen finanziellen Verlust vermeiden konnte, lesen Sie hier.

Das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) hatte im folgenden Fall die Frage zu klären, ob trotz Vorlage originaler Kfz-Papiere ein gutgläubiger Eigentumserwerb eines Fahrzeugs scheitern kann. Der Kläger aus Spanien hatte seinen Lamborghini an eine Agentur vermietet, die den Wagen wiederum weitervermietete. Als der Wagen nach der Mietzeit weg war, wurde er schließlich zur Fahndung ausgeschrieben. Er fand sich auch wieder - nur aber mit einem angeblich neuen Eigentümer. Ob dieser sich hinter gutgläubigem Erwerb verstecken und somit einen hohen finanziellen Verlust vermeiden konnte, lesen Sie hier.

Der im Emsland ansässige Beklagte meldete sich auf ein Verkaufsinserat bei "mobile.de", in dem ein Lamborghini angeboten wurde. Er kam in Kontakt mit zwei Brüdern, die vorgaben, das Auto für einen in Spanien lebenden Eigentümer verkaufen zu wollen. Beide Parteien trafen sich zur Fahrzeugbesichtigung auf dem Parkplatz einer Spielothek in Wiesbaden und verabredeten die Übergabe wenige Tage später. Die Brüder trafen mit mehreren Stunden Verspätung gegen 23 Uhr am verabredeten Treffpunkt ein und gaben unter anderem an, in eine Polizeikontrolle geraten zu sein. Dennoch wurde der Kaufvertrag in dieser Nacht gegen 1 Uhr in einem Schnellrestaurant unterschrieben. Dem Beklagten wurde die Vorderseite einer Kopie des Personalausweises des angeblichen Eigentümers vorgelegt. Zwar ergaben sich auffällige Abweichungen der Schreibweise des Namens, der Adresse in dem Kaufvertrag und in den Zulassungsbescheinigungen - der Beklagte gab seinen alten Lamborghini dennoch für 60.000 EUR in Zahlung und zahlte an die Brüder weitere 70.000 EUR in bar. Er erhielt neben dem Auto die Zulassungsbescheinigungen sowie die Schlüssel. Als er das Fahrzeug dann auf seinen Namen anmelden wollte, stellte sich heraus, dass dieses unterschlagen worden war. Der spanische Kläger verlangte nun als Eigentümer die Herausgabe des Fahrzeugs.

Das OLG gab der Herausgabeklage des Eigentümers statt. Das Gericht bewertete das Verhalten des Beklagten als grob fahrlässig. Trotz Vorlage von Originalzulassungsbescheinigungen seien die Gesamtumstände so auffällig gewesen, dass der Beklagte hätte stutzig werden müssen. Er habe allein mit den als Vermittler auftretenden Brüdern verhandelt, ohne in Kontakt mit dem von den Brüdern benannten angeblichen Eigentümer zu treten oder sich eine Vollmacht der Brüder vorlegen zu lassen. Ort und Zeit des Kaufvertrags, die fraglose Inzahlungnahme des alten Lamborghinis, die unterschiedlichen Schreibweisen der Personalien des angeblichen Eigentümers - all dies hätte den Beklagten zu weiteren Nachforschungen veranlassen müssen! Besondere Vorsicht sei auch deshalb geboten gewesen, weil es sich um ein Luxusfahrzeug handelte, das erst wenige Tage zuvor in Deutschland zugelassen worden war. Der Beklagte könne sich daher nicht auf einen gutgläubigen Erwerb berufen. Er muss nun das Auto an den spanischen Kläger herausgeben.

Hinweis: Nach § 932 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch wird der Erwerber Eigentümer, wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, es sei denn, dass er zu der Zeit nicht in gutem Glauben ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begründet der Besitz des Fahrzeugs allein nicht den für den Gutglaubenserwerb erforderlichen Rechtsschein. Vielmehr gehört es regelmäßig zu den Mindesterfordernissen für einen gutgläubigen Erwerb eines gebrauchten Kraftfahrzeugs, dass sich der Erwerber die Zulassungsbescheinigung Teil II vorlegen lässt. Zudem kommt es immer auch auf die Umstände des Verkaufs an.


Quelle: OLG Oldenburg, Urt. v. 27.03.2023 - 9 U 52/22
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 06/2023)